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Mit Kindern Krisen meistern

Impulse für besonders schwierige Situationen


Das Leben ist bunt und manchmal extrem herausfordernd. Dazu bräuchte man nicht einmal eine Pandemie oder einen Terroranschlag in der Nähe. Zwischenmenschliche Katastrophen, wirtschaftliche, ja auch gesundheitliche Krisen – 2020 hat sie alle noch verstärkt. Was da noch auf uns zukommt, ist nicht absehbar. Doch ist es das jemals?


Es kommt immer wieder vor, dass Eltern vor der Aufgabe stehen, mit ihren Kindern durch Krisen zu gehen. Ist es doch schon ohne Kinder schwierig, kommt hier auch noch hinzu, dass wir die Kleinen gerne beschützen wollen vor der brutalen Härte des Lebens. Und das ist nur sehr bedingt möglich. Es gibt Dinge, die können wir wenig bis gar nicht beeinflussen, die passieren einfach und dann müssen wir sehen, wie wir damit klarkommen. Menschen sterben, erleiden Unfälle, Krankheiten, verlieren ihren Job, geraten in Situationen, die sie sich nicht ausgesucht haben. Das kann sehr hart sein. Und doch gehört es zum Leben dazu.


Die Verarbeitung erfolgt in Phasen

Nach dem ersten Schock ist oft zu beobachten, wie die Situation noch „verleugnet“ wird. „Das kann nicht sein, gerade eben war doch noch alles normal“ bis hin zu „Das glaube ich nicht. Das ist einfach nicht wahr!“ sind solche Abwehr-Reaktionen. Das kann eine ganze Weile andauern, je nach tiefe der Schockerfahrung. Manche Menschen verfallen in eine Art Aktionismus, machen einfach weiter, als wäre nie etwas gewesen. Sie können vielfach gar nicht weinen, auch wenn es objektiv sehr traurig ist. Die Gefühle sind so übermächtig, dass, bildlich gesprochen, das Trauma des Schockmomentes dazu führt, einen Persönlichkeitsteil von sich selbst abzuspalten und dort zurückzulassen, wo er gerade war, als die Situation sich ruckartig verändert hat. Wenn es eher so ein schleichender Prozess ist, wie bei ansteigender wirtschaftlicher Anspannung, geraten die Betroffenen oft in so eine Art Dauernebel, der sie für andere Menschen schwer erreichbar macht. In dieser Phase ist auch Verwirrung zu beobachten.



Nach individuell unterschiedlich langer Zeit öffnet sich das sogenannte „Tal der Tränen“, es ist ein ganz wichtiger Bestandteil in der Verarbeitung von Krisen. Es ist zwar der Tiefpunkt, was den Wunsch nach Veränderung betrifft, jedoch sehr bedeutsam, bevor der nächste Schritt gemacht werden kann, nämlich anzuerkennen, was ist. Man spricht von Loslassen und meint damit die Akzeptanz des Geschehenen. Und dazu ist es sehr wichtig, betrauern zu dürfen, Abschied nehmen zu können von dem, was nun Geschichte ist. Das ist oft wirklich schwer.


Erst wenn wir diese Schritte durchlaufen haben, können wir uns auf die neue Situation einstellen, auch emotional. Erst jetzt ist echte Veränderungsbereitschaft wieder möglich, neue Perspektiven können wahrgenommen werden. Davor erscheint gut gemeinter Trost wie z.B. „wer weiß wofür es gut ist“, „das wird schon wieder“ oder „da kommt bestimmt was Besseres nach“ absurd bis gemein.


Das Einfinden in und Anfreunden mit den neuen Gegebenheiten kann nun vorsichtig ausprobiert werden. Hier kann es natürlich auch Rückschläge geben, das gehört dazu. Am Ende schwingt man sich ein, wird immer vertrauter mit dem Neuen und findet zu einer neuen „Normalität“.


Diese Beschreibung der Phasen entspricht der sogenannten „Trauerkurve“ (nach Kübler-Ross) und scheint mir wichtig, um zu verdeutlichen, dass Krisen zu unterschiedlichen Zeitpunkten gewisse Möglichkeiten bieten und andere eben nicht. Ich denke, dass es hilfreich ist, nicht dagegen anzukämpfen, wenn es gerade bedeutsam ist, einen Entwicklungsschritt zu gehen. Also wenn gerade Trauerphase ist, dann soll dafür auch der Raum sein, tatsächlich zu betrauern. Möglichst ohne „Störungen“, wie zB. dass jemand dagegen anredet im Sinne von „na, das ist doch alles nicht so schlimm“.



Dies alles betrifft Kinder und Erwachsene gleichermaßen. Wir dürfen es also für und selbst genauso anwenden, wie für unsere Kinder, wenn ihnen Unangenehmes widerfährt. Und weil Leid in Familien meistens gleich alle Mitglieder betrifft, dürfen wir gemeinsam durch. Kinder gehen oft etwas entspannter heran als Erwachsene, reagieren oft nicht so entsetzt, wie wir es vermuten würden. Sie haben noch einen unbedarfteren Blick auf die Schicksalsschläge des Lebens. Sie können die Tragweite mancher Ereignisse einfach noch nicht so einschätzen und das ist gut so. Es reicht, wenn wir Erwachsene uns mit den Sorgen um Langzeitfolgen quälen.

Ich empfehle in diesem Fall, sich ein Beispiel an den Kindern zu nehmen. Sie leben viel mehr im Hier und Jetzt als Erwachsene. Das ist mit ein Grund, weshalb sie sich weniger sorgen. Für uns bedeutet es, dass wir uns selbst damit helfen können, wenn wir trainieren, den Moment zu leben, statt uns auf der Zeitschiene in Vergangenheit oder Zukunft aufzuhalten. Dort können wir ohnehin nichts bewirken, sondern immer nur im Hier und Jetzt.


Es ist auch ratsam, den eigenen Kindern nichts vorzumachen oder gar so zu tun, als sei alles in bester Ordnung. Sie haben so feine Antennen, dass sie ohnehin spüren, wenn etwas nicht stimmt. Man braucht ein Kind nicht mit Details belasten, doch klar zu sagen, wenn man gerade traurig, verwirrt, ratlos ist oder Angst hat, ist ok. Dann wird das Kind vielleicht fragen, weshalb das so ist und man kann in sehr einfachen, kindgerechten Worten allgemeine Informationen geben (Weil ich nicht weiß, wie es weitergehen soll. Weil ich Opa so vermisse.).

Und dann – je nachdem was es ist - stelle noch dazu, dass du dich trotzdem darum kümmerst, auch wenn du gerade ratlos bist. Mach deutlich, dass es nicht die Aufgabe des Kindes ist, dein Problem zu lösen.

Es kann sogar eine sehr heilsame Erfahrung sein, mit seinen Kindern gemeinsam trauern zu dürfen. Für die Kinder sowieso. Selbst wenn etwas nicht mehr zu ändern ist, das Gefühl der Verbundenheit ist stark und macht stark.


Linda Syllaba, www.beziehungshaus.at

Mein neues Buch “Selfcare für Mamas – Geht’s´dir gut, geht´s deinem Kind gut. Das etwas andere Erziehungsbuch” erscheint am 10.3.2021 im Beltz Verlag. Vorbestellung im Buchhandel bereits möglich.




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