Zuhören ist der wichtigste Teil der Kommunikation und selbst diese Nachricht findet wenig Gehör. In Zeiten von Alltags-Multitasking und permanenter Socialmedia-Präsenz kommen solch wichtige Informationen und auch ein wenig die Umgangsformen unter die Räder.
Menschen, die anderen gut zuhören, werden als interessiert, einfühlsam und sogar emotional intelligent eingeschätzt. Diejenigen, die zuhören haben sogar noch mehr davon, als nur sympathisches Feedback, denn sie fühlen sich selbst wohler und erleben erfüllendere Beziehungen als andere. (zur Studie)
Was für eine Überraschung! Beziehungsqualität ist nun mal in hohem Maße von Kommunikationsgelingen abhängig.
Die meisten Menschen hören nicht zu, um zu verstehen, sondern um zu antworten. (Stephen R. Covey)
Schade eigentlich, man könnte doch durchaus Interessantes voneinander erfahren. Ja, voneinander, denn wenn wir miteinander reden, lernen wir ganz oft auch etwas über uns selbst. Nicht nur, weil wir uns selbst auch sprechen hören, sondern weil in der Interaktion mit dem Gegenüber eigene Themen berührt werden. Wenn wir einander begegnen und zeigen, wer wir sind, müssen wir uns selbst auch kennenlernen. Ganz oft passiert das ohne soziale Begegnung mit anderen nicht. Da schwimmen wir einfach im eigenen Süppchen weiter.
Es kann sehr spannend sein, andere Menschen von innen kennenzulernen. Ich steh´ drauf, ich habe sogar einen Beruf daraus gemacht! :-) Sie tun das allerdings nicht einfach so. Du brauchst bestimmt auch ein gewisses Maß an Zuwendung, eindeutig die Aufmerksamkeit bei dir und sichtbares Interesse, um Vertrauen fassen zu können, dich ein wenig zu öffnen.
Hier sind ein paar Empfehlungen, wie du selbst dafür sorgen kannst, eine bessere ZuhörerIn zu sein:
Sei ganz präsent! Handy weg, keine Nachrichten nebenbei checken, Fernsehen oder sonstige Dinge im Außen, die ablenken, zulassen. Schau deinem Gegenüber in die Augen. Am Telefon gib Signale, die erkennen lassen, dass du zuhörst (hmm, ja, ich verstehe). Bei online-Meetings zeig, dass du dabei bist, indem du nickst oder den Daumen hebst.
Sei ein Spiegel! Wenn der Rapport zwischen zwei Leuten passt, fangen sie unbewusst an, einander zu spiegeln. Das bedeutet, die Sitzhaltung gleicht sich an, die Lautstärke, das Sprechtempo, sogar der Dialekt werden intuitiv angepasst. Diese Dinge kannst du auch bewusst einsetzen. Und du kannst mit Worten widerspiegeln, was du gehört hast. "Du meinst also, das...", "Hab ich das richtig verstanden, du sagst....".
Lass (dir) Zeit! Manchmal ist es gut, eine Sprechpause auszuhalten, denn es entsteht dadurch Zeit, nachzudenken. Sowohl dir als auch deinem Gegenüber tut das gut. Lass die Person, mit der du sprichst, nicht nur ausreden, sondern auch fertig denken. Falls du eine Frage gestellt hast, ist es umso wichtiger, Zeit zu lassen, damit die Gefragte in sich gehen kann, um die Antwort zu suchen.
Erlaube das Nichtwissen! Niemand muss auf alles eine Antwort haben, wir können und müssen nicht alles wissen. Es darf auch mal etwas im Raum stehenbleiben oder zum Drübernachdenken mit heim genommen werden. Erstaunlicherweise tun sich gerade dann, wenn man das Nichtwissen, wie es weitergehen soll, zulässt, neue Ideen oder Impulse beim Gegenüber auf. Und schon geht es locker, flockig weiter. Die Ratlosigkeit ist sehr oft meine Freundin. Vielleicht ist sie ja auch deine?
Zeig Empathie! Wenn du die Perspektive der Erzählenden einnimmst, kannst du bestimmt besser verstehen, was ihre Beweggründe sind. Verständnis zu finden, tut den meisten Menschen gut. Du kannst also sagen "das kann ich gut verstehen" oder wenn du es tatsächlich nicht verstehen kannst, dann sag zumindest, was du wahrnimmst, z.B. "ich merke, wie schwer es dir fällt."
Zuhören wie Momo
Wirklich Zuhören können nur ganz wenige Menschen. Und so wie Momo sich aufs Zuhören verstand, war es ganz und gar einmalig. Momo konnte so zuhören, dass dummen Leuten plötzlich sehr gescheite Gedanken kamen. Nicht etwa, weil sie etwas sagte oder fragte, was den anderen auf solche Gedanken brachte; nein, sie saß nur da und hörte einfach zu, mit aller Aufmerksamkeit und aller Anteilnahme. Dabei schaute sie den anderen mit ihren großen, dunklen Augen an, und der Betreffende fühlte, wie in ihm auf einmal Gedanken auftauchten, von denen er nie geahnt hatte, dass sie im ihm stecken.
Sie konnte so zuhören, dass ratlose oder unentschlossene Leute auf einmal ganz genau wussten, was sie wollten. Oder dass Schüchterne sich plötzlich frei und mutig fühlten. Oder dass Unglückliche und Bedrückte zuversichtlich und froh wurden. Und wenn jemand meinte, sein Leben sei ganz verfehlt und bedeutungslos und er selbst sei nur irgendeiner unter Millionen, einer, auf den es überhaupt nicht ankommt und der ebenso schnell ersetzt werden kann wie ein kaputter Topf und er ging hin und erzählte alles das der kleinen Momo, dann wurde ihm, noch während er redete, auf geheimnisvolle Weise klar, dass er sich gründlich irrte. Dass es ihn, genauso wie er war, unter allen Menschen nur ein einziges Mal gab und dass er deshalb auf seine besondere Weise für die Welt wichtig war.
So konnte Momo zuhören.
(aus Michael Endes Roman "Momo")
Beitrag von Linda Syllaba Autorin und Lifecoach, beziehungshaus.at
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